Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 155

1911 - Erfurt : Keyser
- 155 - die anderen. (Sr trug einen Elenskoller und einen grauen Hui mit grüner Feder. Sein Haar war blond, und ein starker Schnurrbart und spitzer Kinnbart zierten sein Gesicht. Freundlich blickten seine blauen Augen umher, und deutsche Grußesworte kamen aus seinem Munde. Man sah, er freute sich herzlich über den warmen Empfang der Erfurter, die mit Hüteschwenken, Tücherwehen und Kränzewerfen sich nicht genug tun konnten. Aufenthalt in Erfurt: Vor seinem Absteigequartier wurde er vom Erfurter Rate aufs ehrerbietigste begrüßt. Dann begab sich der König in seine Gemächer. Doch er rastete nicht lange. Schon nach kurzer Zeit erschien er wieder im Sattel. Er stattete dem Petersberg einen Besuch ab. An der Schwelle des Klosters begrüßten ihn knieend die frommen Brüder mit ihrem Abte. Freundlich hieß er sie ausstehen, entblößte selbst sein Haupt und setzte sich mit ihnen zur Tafel, zwanglos sich unterhaltend. Noch drei Tage verweilte Gustav Adolf in der Stadt. In dieser Zeit umritt er einmal den Stadtwall und besichtigte die Eyriaksbnrg. Mancherlei Gedanken über eine stärkere Befestigung der Stadt sollen ihm dabei durch den Kops gegangen sein. Bevor er dann abreiste, mußte der Rat versprechen, solange der Religionskrieg dauern würde, ihm treu und untertänig zu sein. Weitermarsch: Am Montag wurde zum Ausbruch geblasen. Vormittags zwischen 8 und 9 gings mit klingendem Spiel zum Brühlertor hinaus durch den Treienbrunnen nach Süden. Der Weg führte über Molsdorf, Arnstadt, Ilmenau und Schlensingen ins Werratal und von da an den Main. (Nach Pros. Als. Kirchhofs.) 4-9. Gustav Adolfs Leutseligkeit. Heute noch bewahrt die Riemer-Jnnnng in Erfurt ein Andenken auf, das Zeugnis von Gustav Adolfs Leutseligkeit gibt. Als der König sich einmal von der „hohen Lilie" in den nahe gelegenen Gasthof „zum Propheten" (heute „Thüringer Hof") begab, um nach einem feiner Pferde zu sehen, hörte er aus einem Zimmer lautes Stimmengewirr. Er trat ein und erfuhr von den Versammelten, daß die Riemer-Innung soeben einen der Ihren zum Ritter schlage, d. h. nach bestandener Lehrzeit seierlich in die Gesellenschast ausnehme. Gustav Adols sragte, ob er zusehen dürste. Da dies aber nicht erlaubt war, wurde ihm bedeutet, daß er beiwohnen könne, wenn er selbst vorher zum Ritter geschlagen wäre. Der König willigte sreudig ein und wurde unter dem üblichen Gebrauch zum Ritter geschlagen. Er leerte auch den großen, tbm dargereichten Zinnpokal, den Willkommenbecher, und loste sich mit dem herkömmlichen Geschenk. Noch zur Stunde hängt am „Willkommen" der Erfurter Riemer das ovale, vergoldete Schaustück, welches damals die Innung wohl aus des Königs Hand erhalten hat. Es zeigt auf der einen

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 166

1911 - Erfurt : Keyser
- 166 — währte er den neuen Landeskinder eine zehnjährige Steuerfreiheit. Seinem Rufe folgten wohl 20 000 Familien ans Schwaben, Franken, Niedersachsen und der Schweiz. Den größten Zufluß hatte das preußische Land aber aus Salzburg. Not der Salzburger: Dort hatte der Erzbischof seinen evangelischen Untertanen besohlen, katholisch zu werden oder auszuwandern. Doch nur wenige bekehrten sich, die anderen wurden mitten im Winter ausgewiesen und lagerten einen Monat lang an der Grenze Bayerns aus freiem Felde. Sie wandten sich in ihrer Not an den König Friedrich Wilhelm, und dieser wurde ihnen ein treuer Helfer und Beschützer. In einer öffentlichen Bekanntmachung erklärte er sie für seine Schützlinge und bot ihnen sein Königreich Preußen als Zufluchtsort und neue Heimat an. Zug der Salzburger nach Preußen: Im Frühling 1732 machten sie sich mit Sack und Pack und Weib und Kind auf den Weg. Friedrich Wilhelm schickte ihnen Bevollmächtigte entgegen, welche ihnen täglich für den Mann 4, sür die Frau 3, sür ein Kind 2 Groschen Reisegeld zahlen und sie leiten mußten. Die Hauptzüge gingen, die Richtung auf Berlin hallend, ans verschiedenen Wegen durch Schwaben, Hessen, Sachsen und Thüringen. Die Salzburger im Erfurter Gebiet: Hierbei berührten einige Haufen das Erfurter Gebiet, und am 8. August 1732 zogen mehr als 800 Salzburger an der Stadt selbst vorüber. Sie kamen vom Steiger her über Daberstedt nach dem Schmidtstedtertor und gingen von da außerhalb des Krämpser- und Johannestores nach Ilversgehofen auf das Ried, wo sie sich lagerten. Die Auswanderer, die meist zu Fuß kamen und Stäbe in den Händen hatten, sangen, während sie einherzogen, sromme Lieder, vor allem ihr Lieblingslied: „Ich bin ein armer Exulant, Also tu ich mich schreiben. Man tut mich ans dem Vaterland Um Gottes Wort vertreiben." Etliche der Salzburger trugen Kinder und kleine Wiegen auf dem Rücken. Die Männer waren mit kurzen Tuchjacken, weilen, unten zugebundenen Hofen und dickbesohlten Riemenschuhen bekleidet, die Frauen mit großen Strohhüten, kurzen Röcken und wollenen Miedern. Auf Wagen, die zum Teil mit ihren eigenen, großen und starken Pferden bespannt waren, führten sie Kranke, Altersschwache und Kinder nach. Keinen hörte man über die erduldeten Bedrückungen klagen, und die Bürger, die ihnen zum Empfang entgegengeeilt waren und sie begleiteten, konnten sich nicht genug über das „sehr gelassene, stille Wesen" der Salzburger wundern. Sie schenkten ihnen viel Geld, Bücher, Kleider, Schuhe und Strümpfe und brachten ihnen eine Sammlung von 570 Reichstalern, zu welcher die Geistlichen von der Kanzel herab aufgefordert hatten, nach Weißensee nach.

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 175

1911 - Erfurt : Keyser
— 175 — diesen Plan zu hintertreiben. Die Franzosen fühlten fidi cuett als Herren Der Stadt und handelten als solche, obwohl der Kurfürst von Mainz, der größte Gegner Friedrichs Ii., ihr treuester Verbündeter war. ^ Nach der Lchlacht: Bald aber änderte sich das Bild. <zu der Schlacht bei Roßbach hatte Friedrich mit der Potsdamer Wacht-parade einen glänzenden Sieg über die Reichsarmee und das sran- zösische Heer errungen. Nun flohen die Franzosen, so schnell sie konnten, dem Rheine zu und berührten auf ihrer Flucht auch Erfurt. Am 7. November, zwei Tage nach der Schlacht, trafen die ersten Verwundeten und Versprengten hier ein. Bald aber solgten große Scharen nach, Fußvolk und Reiterei, Offiziere und Gemeine, alles in buntem Gemisch durcheinander und alle in einem erbärmlichen Zustande. Die meisten hatten ihre Gewehre und alles, was ihre eilige Flucht hätte hindern können, weggeworfen. Viele hatten keine Helme mehr auf dem Kopfe und keine Schuhe mehr an den Füßen. Einige hielten lange Bohnenstangen in den Händen und führten nach Frosches Art ungeheure Sprünge aus. Wirk lich, eine richtige Reißausarmee! — Andere wieder weinten bitterlich. Sie hatten sich während der Schlacht an den durch das Schießen heiß gewordenen Gewehren die Finger verbrannt. Besonders ausfällig war aber die Schweigsamkeit aller. Früher hatten sie den Mund nicht voll genug nehmen können, jetzt aber entschlüpfte nur selten ein „Sacre nom de Dieu“ ihren bebenden Lippen. Friedrichs Feldherrnkunst hatte ihre ruhmredigen Zungen gelähmt. Sie beschrieben, wenn sie gefragt wurden, die Schlacht mit wenig Worten: „O mon Dieu!“ Die klein, klein Trupp! O Die groß, groß Feuer!" Bald kamen auch die Gepäckwagen zurück. Ihr Durchzug wollte gar kein Ende nehmen; drei Tage dauerte er in einem fort. Die Bauern der Dörfer, durch welche der Rückzug ging, hatten furchtbar zu leiden. Viele Orte wurden ausgeplündert, z. B. Ollendorf, Klein-Mölfen und Tüttleben. Beim Anrücken eines versprengten Haufens zogen darum die Bauern die Sturmglocke und stellten sich, mit Mistgabeln, Dreschflegeln und Sensen bewaffnet, zur Wehr, und mancher französische Soldat hat damals durch die von der Verzweiflung übermannten Schützer des heimatlichen Herdes seinen Tod gesunden. (Nach Const. Beyer.) 61. Erfurt im Siebenjährigen Kriege. Grund der Feindschaft: Im August 1756 fiel Friedrich Ii. unerwartet in Sachsen ein. Dafür wurde er auf dem Reichstage zu Regeusburg von den versammelten deutschen Fürsten mit der Acht belegt. Hierbei war der Kurfürst von Mainz besonders tätig gewesen. Dem König blieb das Tun des Erzbifchofes nicht ver-

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 68

1911 - Erfurt : Keyser
— 68 - allen bekannten Vorschriften in größter Ordnung und Ruhe zur Besetzung der Außenwälle und inneren Stadtmauer ihrer Viertel ab. Für den ersten Augenblick standen der Stadt wohl gegen 2000 Bürger zur Verfügung. Rüstung und Waffen hatte jeder auf eigene Kosten zu beschaffen, und wurden diese alljährlich vor dem 1. Mai auf ihre Tauglichkeit geprüft. Die reichen Bürger, namentlich die Stadtjunker, erschienen ganz in ritterlicher Ausstattung. Die Biereigen und wohlhabenden Handwerker führten als Waffen anfänglich die Armbrust, später vorwiegend Büchsen; den Leib schützten sie durch Harnisch, Kettenhemd und Eisenhut. Tie übrigen hatten nur Spieß, Eisenhut und Joppe, ein leichtes Kettenhemd. War eine Belagerung vorauszusehen, dann wurde auch das Landvolk aufgeboten, und in Notfällen griff man fogar auf die Handwerksgesellen, die Juden und selbst auf die Geistlichen zurück. Türme, Tore und die hölzernen Bohl- oder Bollwerke auf den Außenwällen besetzten die Armbrust- und Büchsenschützen. Die weniger gefährdeten Wallabschnitte und die innere Befestigung wurden den leichter bewaffneten Bürgern und Bauern anvertraut. Einige von ihnen mußten auch die Türme besetzen, um bei einem etwaigen Sturmangriff Kalk und Steine herabzuschleudern. Für den Fall eines Brandes durch feindliches Feuer war bestimmt, daß die Frauen und Lehrjungen in den Häusern Wasser zum Löschen und Kessel und andere Geräte zum Ersticken der Pechkränze und Brandpfeile bereit zu halten hatten. An einem Ausfall beteiligten sich auch die Söldner. Für alle bildete dann das Stadtbanner, das weiße Rad im roten Felde, den Sammelpunkt. Die Rettung des Banners war Ehrensache: sein Verlust war das Zeichen zum Rückzug oder zur Flucht. Das Zeughaus: Das städtische Zeughaus enthielt einen großen Vorrat von Schutz- und Trutzwaffen. Es war zuerst im Blydenhofe, später in einem Hintergebäude des Rathauses eingerichtet. Als letzter Rest des ehemaligen Waffenvorrates der Stadt sind neben der Armbrust noch eine größere Zahl Schilde, mit denen sich die Schützen deckten, erhalten geblieben. Sie bilden ein ebenso seltenes, wie wertvolles Besitztum des städtischen Museums. Nahe dem Blydeuhofe stand auch einer der städtischen Kornhöfe (heute Magazin des Kgl. Proviantamtes), eine der großen Vorratskammern der Stadt zur Zeit des Krieges. (Nach Prof. Dr. Karl Beyer, Major Vollrath u. a.) 22. Rudolf von ßcibsburg in Erfurt 1289 — 1290. Um auch Thüringen den langersehnten Landfrieden zu bringen, entschloß sich König Rudolf, selbst nach Norddeutschland zu kommen. Er erkor sich Erfurt für die Dauer seines Aufenthaltes

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 190

1911 - Erfurt : Keyser
— 190 — die Beschießung gefaßt zu machen. Diese Nachricht verbreitete einen allgemeinen Schrecken in der Stadt. Man sah nur noch bleiche Gesichter und verstörte Mienen. Wer bares Geld, Silber und Goldsachen besaß, vergrub alles schnell an sichere Plätze. Schmachvolle Uebergabe der Biabt: Gegen 3 Uhr erschien ein französischer Unterhändler vor der Stadt und verlangte Einlaß. Er wurde gewährt, und man führte ihn auf den Peters-berg. Die Verhandlungen dauerten nicht allzulange. Zwar mußte er noch zweimal ins französische Lager zurück, dann aber wurden die Bedingungen angenommen. Die gesamte Besatzung, 14 000 Mann, barunter 8000 Kranke und Verwundete, würde gefangen genommen. Die Offiziere erhielten, nachbem sie auf Ehrenwort versprochen hatten, bis zur Auswechselung nicht zu bienen, bett Abschieb. Der Bürgerschaft wurde Sicherheit zugesagt, doch sollte sie das einrückende französische Militär mit Achtung ausnehmen und bewirten. ^ Einmarsch der Franzosen: Am 17. Oktober hielten die Zieger zu derselben Zeit, zu welcher die gefangenen Preußen die Stadt verlassen und ihre Gewehre und sonstige Waffen auf dem Glacis vor bcr Stadt nieberlegen mußten, ihren Einzug. Sie kamen zum Jobamtestore herein, boch nicht in Parabe, fonbern in bichten Kolonnen. Sie kamen so, wie sie das Schlachtselb verlassen halten oder von ihrem Lager auf der bloßen Erde aufgestanden waren, teilweise waren sie ganz wunderbar ausgeputzt. Manche hatten kattunene oder schwarzruftene Mäntel um, die sie den vogtläudifchen ober thüringischen Bauernweibern gegrippt batten. Viele erschienen auch in schwarzen Ehorrccken, welche den Dorfpastoren geraubt waren, noch anbere hatten sich Hosen aus Stofftapeten und Bettvorhängen zusammengeschneibert. Ein Tambourmajor hatte ättett blauen Banernkittel statt der Uniform an, ttttb ein attbcrer Solbat trug eine alte Weiberpelzmütze unter seinem Helm. Die Avantgarbe hatte hölzerne Löffel in den Hutkrempen, weshalb sie auch noch lange Zeit danach mit dem Namen Löffelgarde bezeichnet wurde. Ueber ihren mit geraubten Sachen vollgestopften Tornistern und Bündeln hingen große Stücke Fleisch, Hühner, Gänse und Enten. Auch hatten sie große Bauernbrote auf die Bajonette ihrer Gewehre gespießt. Die Offiziere waren sehr einfach gekleidet. Sie hatten keine Schärpen, auch kein Portepee (Degenquaste) ant Säbel. Sie führten weder Packwagen noch Packpferde mit sich. Alle trugen ihr Gepäck wie die Gemeinen ans dem Rücken und hatten ihre Mäntel umgehängt. Der Marsch der Franzosen war außerordentlich schnell, und einige Musikkorps spielten, gleichsam um die Erfurter zu verhöhnen, das Lied: „Freut euch des Lebens". Die Gesichter der Einziehenben waren furchterregend Manche der Franzosen waren vom Pulverbamps so schwarz wie die Mohren, und vor den fürchterlichen Schnauzbärten konnte man ihre Gesichter kaum erkennen.

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 84

1911 - Erfurt : Keyser
— 84 — Ablaß gewährt, die an den Gräbern Gebete sprechen würden. Auch stiftete der Rat eine Prozession, die jährlich am Markuslage {25. April) die Gräber besuchte und an der zuletzt die gesamte Geistlichkeit Erfurts teilnahm. b) Die Geißler, jene Schwärmer, die durch Geißelung des eigenen Leibes Gott versöhnen wollten, daß er die Pest wieder wegnehme, erschienen um dieselbe Zeit in Thüringen. Sie erregten durch ihr Tun und Reden das größte Aussehen. Sie trugen mit roten Kreuzen versehene Hüte, die säst das ganze Gesicht bedeckten, hatten die Oberkörper bis an die Hüften entblößt und bearbeiteten sich bis aufs Blut mit mehrschnurigeu Peitschen, in die kleine eiserne Haken eingeflochten waren. Dabei machten sie die wunderlichsten Bewegungen, warfen sich der Länge nach aus die Erde und sangen: „Tret herzu, wer buszen woeile, Luczeber ist eine bösse geselle.“ Wiederholt lagerten ihrer an 3000 und mehr bei Ilversgehofen und verlangten, in Erfurt eingelassen zu werden. Aber der Rat schloß die Tore und ließ die Mauern bewachen. Er traute den Brüdern nicht recht, die unter der Maske der Büßer auf Raub und Diebstahl ausgingen, wie es die Erfahrung an manchen Orten gelehrt hatte. (Nach Prof. Dr. Carl Beyer.) 27. Der 3udenmord in Erfurt. Nachdem die Pest um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Deutschland ausgebrochen war, entstand bald das Gerücht, die Juden hätten die Brunnen und die Heringe vergiftet, weil nach dem Genusse des Wassers und der Fische die Erkrankung sofort einzutreten pflegte. Daraufhin wurden an vielen Orten die Juden von ihren Mitbürgern erschlagen. In Thüringen begannen die Verfolgungen am 2. Januar 1349, an welchem Tage viele Juden in Gotha, Eisenach, Arnstadt n. a. Orten ohne Gnade getötet und ihre Häuser rein ausgeplündert wurden. In Erfurt fand das große „Judenschlagen" am 21. März desselben Jahres statt. Hier sprach man nicht bloß von vergifteten Brunnen und Heringen, auch die Gera sollte Gift enthalten, weshalb man lange Zeit hindurch gar nicht mehr mit Wasser kochte. Die einsichtsvolleren aber unter den Geistlichen und Bürgern wußten es besser. Sie waren eingeweiht in die von langer Hand her vorbereitete Bewegung, die den Mord nur darum ins Werk setzte, um die Schulden los zu werden, die viele Edle, Bürger und Bauern gemacht hatten, aber zu bezahlen nicht in der Lage waren. Die Schuldenmenge lastete schwer aus allen Ständen. Der hohe Zinsfuß, der oft zwölf oder mehr vom Hundert betrug, machte die Rückzahlung des Kapitals fast zur Unmöglichkeit. An der Spitze der Verschwörung stand ein Mitglied der Gefrunden, Hugo der Lange, der ein Jahr lang Ratsmeister gewesen war und großen Einfluß ans die Bürgerschaft

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 5

1911 - Erfurt : Keyser
1. Erfurt in der Steinzeit. Heitere Jugend: Zum Ufer der Gera fällt ein weitausge- behnter Abhang ziemlich steil hinab. Ueppiger Graswuchs bebeckt ihn. Knaben und Mäbchcn, bunkel von Luft und Sonne gebräunt, das blonbe Haar wirr um den Kopf, tummeln sich hier. Hurtig klettern sie die Höhe hinan und legen sich am Ranbe des Abhanges platt hin. Ein Ruck, und sie kollern in fteigenber Schnelligkeit den hohen Abhang hinunter, kreifchenb und lachenb, um hochroten Gesichtes, boch ohne Spur von Schwinbel trotz des raschen Umsichfelbst-wälzens, das Spiel von neuem zu beginnen. Ist die Gewalt des Vorwärtsschießens so groß, daß der Rollenbe, unten angelangt, sich nicht einzuhalten vermag und in das Wasser stürzt, so lachen alle laut auf, auch der Knabe ober das Mäbchen, dem der Zufall begegnet. Ihre Kleibung leibet ja keinen Schaben, ba sie aus Fell hergestellt und karg im Maß ist. Bestänbiges Leben im Freien, beim nur zur Winterzeit fchlafen sie am Herbfeuer in der Hütte, haben sie so abgehärtet, daß sie die Nässe nicht störenb empfmben. Die rückkehrenden Jäger: Da ertönt ein gellenber Pfiff. Der Spitz, der das übermütige Spiel der Kinder fläffenb geteilt hat, hebt bic Ohren hoch und stürzt dann mit lautem, freubigem Gebell die Höhe hinan. Auch die Kinder unterbrechen ihr wilbes Tummeln, und als jetzt abermals ein Pfiff ertönt, noch näher als vorher, ba springen sie fchreienb und jnbelnb dem vorausgeeilten vierbeinigen Gefährten nach. Doch schon teilt sich das Gebüsch. Eine kleine Gruppe von Männern wirb sichtbar. Unter ihnen einer in der Vollkraft der Jahre, über fünfzig wirb er zählen, und mehrere jüngere Genossen von einigen zwanzig bis breißig. Ihre Kleidung: Ihre Kleibung ist die gleiche. Um Schul- ter, Brust und Leuben schmiegt sich ein ärmelloser Ixeberwuxf von Tierfell, die Beine frei lassenb bis zu den muskulösen Schenkeln. Die Füße stecken nackt in Fell, das mit Riemen über den Fuß um den Knöchel geschnürt ist. Ein breiter Gurt von ungegerbter Tierhaut hält den Leibrock um die Hüften zusammen. Ihre Waffen: Und wie fonberbar die Waffen biefer Leute! Rechts im Gurt steckt das Wurfbeil. Aber im oberen Ende des Schaftes glänzt kein blinkenbes Metall, fonbern ein fcharf Angeschliffenes Steinbeil. Links am Gurt baumelt ein kurzes Messer, ebenfalls aus Stein, und zwar aus gelbgrauem, hartem Feuerstein, so scharf zugefchliffen, daß sich die allzuhastig zugreifenben Kinder schon oft bamit verwunbeten. In den Hänben tragen die Männer einen langen Stab aus Efcheuholz, am Feuer gehärtet, an besten Spitze ein mit boppelter Schneibe zugeschliffener Feuerstein steckt, also ein Wurfspeer. Um den Hals haben sie den Bogen geworfen, bessen Sehne aus getrocknetem Tierbarm gewun-ben ist, und ein plump geschnitzter Köcher trägt die Pfeile, bereu

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 10

1911 - Erfurt : Keyser
— 10 — Ankunft des Leichenzuges: Längst ist der Frühling ins Land gezogen. Die Erde hat sich in ihr blühendes, duftiges Gewand gekleidet, und Wald und Flur sind belebt von einem munteren Vogelvölkchen; sonst aber ist es feierlich still. Nahe am Bache stehen mehrere Männer in leise geführtem, ernstem Gespräch. Emer von ihnen blickt, um die Zeit zu messen, zur Sonne. Auf seine Bemerkung halten die andern prüfende Ausschau. Dann streckt der eine die Hand dorthin, der andere in entgegengesetzter Richtung, der dritte nach Süden, und von allen Seiten sieht man, hier vereinzelt, dort in Gruppen, Menschen dem Tale zuschreiten, Männer und Weiber, Knaben und Mädchen. Plötzlich kommt größere Bewegung in die Menge der Anwesenden. Alle Köpfe wenden sich nach Süden. In feierlichem Zuge nahen sich die Leidtragenden mit der Leiche des Häuptlings von der Höhe des Rockhäuser Berges herab. Ueber den leblosen Körper ist ein Linnentuch gebreitet. Sechs Männer tragen das Brett, das als Bahre dient. Vor dem Toten schreiten die zahlreichen Diener und Dienerinnen, Gefäße der verschiedensten Art tragend, die aus Erde gefertigt sind, bauchige Urnen, weite Schalen und flache Schüsseln. Unmittelbar vor der Leiche gehen zwei Diener, die das Bronzeschwert und den mit Bronzeplatten und feinen Nägeln aus demselben Metall prunkend beschlagenen Schild tragen. Zunächst hinter den Trägern schreitet die Witwe des Verstorbener^ ihr folgen die übrigen Versippten. Sie ist eine hohe, schlanke Frau von edler Haltung; ihr Antlitz zeigt tiefen Schmerz.' Heute trägt sie nichts von dem sonstigen reichen Bronzeschmuck; kerne wertvollen Bronzeringe zieren ihren Oberarm, keine bronzenen Zierplatten schmücken die Brust, keine der oft snßlangen Bronzenadeln dient dem langen Linnengewand als Hafte. Das Begräbnis: An einem bevorzugten Platze des Fried-Hofes setzen die Träger das Brett mit dem Leichnam nieder. Ein Greis, den die Kleidung vor den übrigen auszeichnet, tritt jetzt vor. Es ist der Richter in streitigen Sachen und zugleich der Priester für die ganze Niederlassung. Er wendet das mit langem Barte geschmückte Gesicht der östlichen Himmelsgegend zu und spricht ein Gebet; denn dieses Volk verehrt ein höheres Wesen und glaubt an ein Fortleben im Jenseits. Dann wendet er sich zu den Umstehenden und hält dem Geschiedenen eine Gedächtnisrede. In den Mienen der Zuhörer ist zu lesen, daß die Worte des Redners den Tatsachen entsprechen. Nun legen die Träger den Toten auf den sorgsam geebneten Boden einer mäßig tiefen Gruft und Diener führen das Lieb-lingspferd herbei. Ein dumpfer Schlag ertönt. Wie vom Blitze getroffen, stürzt das Roß zu Boden. Betäubt, empfindet es nicht, daß fein Blut dahinrieselt. Als das letzte Lebenszeichen erloschen, legen die Männer das Tier dem Verstorbenen zur Seite; er soll im Jenseits nicht ohne sein erprobtes Roß sein.

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 27

1911 - Erfurt : Keyser
— 27 — den teuren Ton nicht zerschlagen, denn was mühsam im Stroh durch Rosse und Männer herbeigeführt wurde aus dem welschen Lande, dem könnte die lange Reise durch das Mißgeschick der met-gefüllten Knaben Wohl verdorben werden." Die Herrin schritt nun zu dem Küchenhause, darin brannten mächtige Feuer auf steinernen Platten. Die Jünglinge waren vor dem Hanfe beschäftigt, die Opfertiere zu zerlegen, große Hirsche und drei Eber des Waldes, und das Fleisch an lange Spieße zu stecken. Die Mägde aber saßen in langer Reihe, vieles Geflügel rupfend, oder sie rundeten mit den Händen gewürzten Weizenleig zu ansehnlichen Ballen. Und die Knaben des Dorfes warteten mit lachendem Antlitz aus die Zeit, wo sie die Spieße drehen würden, damit auch ihnen vom Fest der Helden ein wohlschmeckender Anteil werde. Unterdes schafften die Mannen des Häuptlings um die große Halle. In der Mitte des Hofes stand der mächtige Bau, aus dichten Fichtenbalken gefügt, eine Treppe führte zu dem geöffneten Tor, im Innern trugen zwei Reihen hoher Holzfäulen die Balken des Daches, von den Säulen bis zu den Wänden liefen auf drei Seiten erhöhte Bühueu; in der Mitte, gegenüber der Tür stand darauf der Ehrensitz des Wirtes und der vornehmen Gäste, daneben ein schön geschmückter Raum, einer Laube gleich, für die Frauen des Hauses, damit sie dem Festmahl der Männer zuschauen konnten, solange sie begehrten. Und die jüngsten der Mannen schmückten die Holzlaube mit blühenden Zweigen, die sie in der Flur abgehauen. Auch fuhr man einen großen Wagen mit Binsen und Kalmus heran, um den Fußboden zu bestreuen. Empfang der Landsassen: Der Fürst stand bei Beginn des Mahles vor dem Herrenhause und empsing dort die Edlen und die freien Bauern, welche auf allen Wegen zu Fuß und zu Roß heranzogen und am geöffneten Tor vom Sprecher begrüßt wurden. Wer zu Roß nabte, stieg dort ab, und die Jungen führten fein Roß in ein wildes Gehege und banden es fest, damit die Knechte ihm den Schaum mit Stroh abrieben und alten Haser in die Krippe schütteten. Würdig war Gruß und Anrede, in weitem Ringe standen die Gäste auf dem Hofe, eine stolze Genossenschaft, ansehnliche Männer aus zwanzig Dörfern der Gegend, alle in ihrem Kriegsschmuck, den Eschenspeer in der Hand, Schwert und Dolch an der Seite, in schöner Lederkappe, die mit Zähnen und Ohren des wilden Ebers geschmückt war; mancher ragte unter dem Eisenhut, in einem Lederkoller oder Kettenpanzer über dem weißen Hemd und in hohen Lederstrümpfen, die bis zum Leibe reichten, mancher auch, der reich war und die Ware der rheinischen Krämer beachtete, trug einen Ueberwnrs von fremdem Zeug, das feine Haare von bunter Farbe hatte und wie das zarte Fell eines Raubtiers glänzte. Lange währte die Begrüßung, denn immer noch

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 29

1911 - Erfurt : Keyser
— 29 — Tracht auf die Tische setzten; da ergriff jeder sein Messer, das er an der Seite trug und begann rüstig das Mahl. Im Anfang war es schweigsam um die Bänke, denn allen störte die Rede der eigene Huuger und sie rühmten nur mit leisem Danke die reichliche Fürsorge der Herrin. Ter Schwerttanz: Dann trat auf ein stilles Zeichen des Herrn der Sprecher vor und rief mit lauter Stimme: „Die Schwert-tänzer nahen und erbitten sich Gunst." Alle rückten jetzt die Sesfel zum Schauen, und die Frauen erhoben sich von ihren Sitzen. Ein Pfeifer und die Sackbläser schritten voran, hinter ihnen zwölf Tänzer, junge Krieger aus dem Volk und von des Häuptlings Bank inl Weißen Unterkleid mit buntem Gürtel, das blitzende Schwert in der Hand, vor ihnen als dreizehnter der Schwertkönig in rotem Gewand. Sie hielten am Eingang und grüßten die Waffen senkend, daraus begannen sie den Sang des Reigens und schwebten in langsamem Schritt nach dem freien Raum vor der Herrenbank. In der Mitte hielt der Schwertkönig, die zwölf Genossen umkreisten ihn feierlich mit gehobenem Schwert. Er gab ein Zeichen, die Pseiser bliesen, schneller wurden die Bewegungen, nach rechts schwang sich die Hälfte im innern Ringe, die andern von außen entgegengesetzt, und jeder lauschte mit allen, denen er begegnete, Schwertschlag nach Ordnung der Hiebe. Dann tauchte zwischen den blinkenden Schwertern der König hindurch, bald nach außen, bald nach innen im Kreise schwebend, mit seiner Waffe fing und erwiderte er die Schläge der andern. Kunstvoller wurden die Verschlingungen, hastiger die Bewegungen, einer nach dem andern wand sich wie im Kampfe durch die kreisende Reihe der übrigen. Dann teilten sie sich in Hausen, im Takte gegeneinander eilend und mit den Waffen streitend, bis sie zugleich je drei und je vier in Kämpferstellung sich verflochten. Plötzlich senkten alle im großen Kreise die Schwerter zur Erde und verschränkten sie im Nu am Boden zu einem künstlichen Geflecht, das aussah wie ein Schild. Der Schwertkönig trat darauf und die zwölf Genossen verstanden ihn auf dem Schilde aus Schwertern geformt vom Boden heraufzuheben bis über ihre Schultern, wo er stand und mit seinem Schwerte den Fürsten, die Gäste und die Frauen grüßte. In gleicher Weise ließen sie ihn langsam zu Boden, lösten Eisen von Eisen und begannen aufs neue im Kreise gegeneinander zu springen, jetzt Sprünge und Schwertschläge schnell wie der Blitz, kaum vermochte das Auge den einzelnen Streichen zu solgeu, im Wirbel flirrte der blanke Stahl, und schwangen sich die Leiber der Männer unter den scharfen Waffen, die Pfeife gellte, das Sackrohr summte in wilden Klängen, die Funken sprühten von den Schwertern. So lies das Spiel der Helden in des Fürsten Halle, bis die Tänzer anhielten, wie durch Zauber gebannt, in der Stellung von Kämpfern je zwei gegenüber. Darauf begann wieder der Reigengesang der Tänzer und langsamen Schrittes,
   bis 10 von 1770 weiter»  »»
1770 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1770 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 2907
1 509
2 163
3 1893
4 639
5 10532
6 20
7 4213
8 1408
9 669
10 820
11 9
12 126
13 1032
14 21
15 318
16 1770
17 40
18 1231
19 1516
20 37
21 785
22 111
23 36
24 1048
25 453
26 872
27 423
28 658
29 860
30 2613
31 49
32 103
33 1847
34 97
35 90
36 1502
37 7844
38 2474
39 2107
40 122
41 53
42 63
43 658
44 31
45 3055
46 413
47 327
48 358
49 236

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 1
1 241
2 0
3 17
4 7
5 10
6 15
7 2
8 0
9 5
10 6
11 10
12 60
13 28
14 0
15 2
16 601
17 400
18 1
19 166
20 2
21 138
22 7
23 40
24 122
25 1
26 12
27 1
28 86
29 2
30 6
31 0
32 11
33 0
34 2
35 4
36 13
37 22
38 41
39 208
40 61
41 4
42 453
43 11
44 4
45 217
46 10
47 1
48 8
49 20
50 0
51 9
52 5
53 0
54 111
55 6
56 1
57 22
58 7
59 34
60 1
61 4
62 1
63 0
64 1
65 20
66 16
67 2
68 20
69 12
70 20
71 15
72 11
73 6
74 0
75 745
76 86
77 919
78 2
79 35
80 5
81 4
82 579
83 21
84 446
85 3
86 2
87 200
88 0
89 1
90 1
91 156
92 239
93 1
94 736
95 10
96 1
97 1
98 17
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 53
1 31
2 49
3 109
4 1
5 5
6 34
7 3
8 4
9 0
10 18
11 2
12 196
13 76
14 2
15 0
16 1
17 15
18 8
19 8
20 0
21 4
22 0
23 1
24 35
25 43
26 2
27 2
28 81
29 11
30 3
31 1
32 7
33 74
34 44
35 6
36 6
37 0
38 8
39 14
40 2
41 38
42 319
43 96
44 1
45 0
46 223
47 22
48 7
49 0
50 260
51 479
52 27
53 0
54 1
55 1
56 8
57 3
58 1
59 93
60 18
61 14
62 6
63 2
64 3
65 37
66 12
67 0
68 0
69 0
70 0
71 2
72 20
73 0
74 1
75 37
76 1
77 1
78 1
79 0
80 2
81 543
82 19
83 4
84 474
85 0
86 1
87 2
88 1
89 49
90 1
91 9
92 9
93 4
94 7
95 6
96 7
97 21
98 0
99 6
100 152
101 1
102 332
103 0
104 1
105 2
106 8
107 8
108 0
109 2
110 17
111 120
112 174
113 4
114 83
115 5
116 63
117 1
118 0
119 7
120 2
121 131
122 3
123 460
124 68
125 162
126 1
127 16
128 0
129 30
130 1
131 149
132 2
133 9
134 2
135 1
136 38
137 19
138 0
139 1
140 10
141 4
142 43
143 40
144 3
145 5
146 2
147 7
148 1
149 0
150 0
151 8
152 557
153 0
154 37
155 19
156 28
157 15
158 0
159 4
160 1
161 7
162 1
163 3
164 2
165 1
166 9
167 10
168 170
169 126
170 6
171 6
172 1
173 22
174 0
175 157
176 0
177 12
178 0
179 54
180 2
181 1
182 7
183 210
184 0
185 12
186 0
187 3
188 2
189 1
190 5
191 3
192 4
193 1
194 2
195 88
196 271
197 0
198 0
199 15